Fachschule für Wirtschaft : TOP oder FLOP ?

Insgesamt 21 Studierende zu staatlich geprüften Betriebswirten – der Jahrgang 2013 unserer Fachschule für Wirtschaft am Standort in Frankenberg – haben im Unterricht ihrer Schwerpunktfächer Controlling und Marketing über mehrere Wochen hinweg eine SWOT-Analyse ihrer eigenen Schulform durchgeführt. Dabei sollte ermittelt werden, ob die Fachschule in ihrer jetzigen Form attraktiv genug für potentielle Teilnehmer ist bzw. welche Möglichkeiten es gibt, sie konkurrenzfähiger gegenüber Mitbewerbern zu machen.

 

Die Fachgruppe Controlling hat dabei vier verschiedene Instrumente angewandt, mit denen eine solche Untersuchung normalerweise für Unternehmen durchgeführt wird, die sich aber durchaus auch auf eine Schule übertragen lassen: die globale Umfeldanalyse, die Branchenstrukturanalyse, die Unternehmensanalyse und die SWOT-Analyse.

 

Bei der globalen Umfeldanalyse werden die Bereiche ´Politik und Recht´, ´Ökonomie´, ´Gesellschaft´, ´Technologie´ und ´Ökologie´ mit jeweils verschiedenen Unterpunkten beleuchtet.

Die Fachgruppe versuchte festzustellen, welche Chancen oder auch Risiken sich aus aktuellen Entwicklungen in diesen Bereichen für die Schule ergeben. Bewertet wird dabei die ´Attraktivität´ mit Punkten zwischen 0 (nicht attraktiv) und 5 (sehr attraktiv). So erhielt zum Beispiel der Bereich ´Technologie´ 3 Punkte (eher attraktiv), da rein digitale Konkurrenzprodukte ein Risiko für die Fachschule sind, das eigene Angebot aber durch die verstärkte Integration von E-Learning aufgewertet werden kann.

Die Gesamtbewertung aller Kriterien (über die in der Fachgruppe intensiv diskutiert wurde) liegt für die Frankenberger Fachschule derzeit bei 3,475 (eher attraktiv).

 

Die Branchenstrukturanalyse ist normalerweise für in einem Markt erhältliche Produkte, aber auch für Dienstleistungen gedacht, und so wurde sie von der Controlling-Gruppe für die Fachschule „passend gemacht“. Es wurde untersucht : Wer sind die ´Abnehmer´ der Dienstleistung? Welche ´Ersatzprodukte´ bzw. welche ´potentiellen Konkurrenten´ gibt es ? Wie stellt sich also der ´Branchenwettbewerb´ zurzeit dar ?

Die berufsbegleitende Weiterbildung (in Teilzeit) an der Fachschule wurde mit einem dualen Studium, einem Vollzeitstudium, einem Fernstudium und mit Weiterbildungsmöglichkeiten bei der IHK und der SGD (Studiengemeinschaft Darmstadt) verglichen. Betrachtet wurden die Kriterien ´Kosten´, ´Abschlussniveau´, ´Dauer´, ´Voraussetzungen´, ´Finanzielle Unabhängigkeit´, ´Zusätzlicher Zeitaufwand´ sowie ´Flexibilität´.

Die Controlling-Gruppe ist sich einig : Die Frankenberger Fachschule erhält mit 4,25 die beste Bewertung der oben genannten Weiterbildungsformen. Denn es gibt zwar viele Ersatzprodukte, aber keines ersetzt die Fachschule mit gleich guter Bewertung!

Aber auch die direkten Konkurrenten, also Fachschulen an anderen, umliegenden Standorten, wurden beleuchtet. Positiv schnitt die HVS ab im Hinblick auf die (räumliche) Kapazität, das umfangreiche Zusatzangebot, die geringen Kosten, die Kooperation mit einer FH zur Anerkennung von Studienleistungen, die günstigen Unterrichtszeiten, das Catering-Angebot, die Qualität des Abschlusses und des eingesetzten Lehrpersonals. Verbesserungspotential besteht aber durchaus bei der derzeitigen Dauer eines „Durchgangs“ mit vier Jahren (länger als bei den meisten Mitbewerbern), der geringen Anzahl der wählbaren Schwerpunkte, der Werbestrategien, der Infrastruktur und der von den Bewerbern geforderten Voraussetzungen.

 

Die Unternehmensanalyse betrachtet die Bereiche ´Finanzen´, ´Sachmittel´, ´Personal´, ´Organisation´ sowie `Imagepflege/Kundenbindung´ und stellt fest, ob das betrachtete Unternehmen (hier: die Fachschule) in diesen Bereichen Stärken oder Schwächen aufweist. Auch hier konnte anhand der Schwächen Verbesserungspotential aufgezeigt werden : Im Bereich der Finanzen stehen  nur begrenzte Mittel, z.B. für den Werbeetat,  zur Verfügung. Bei den Sachmitteln wurde die gute Ausstattung gelobt, auch wenn der EDV-technische Support noch verbessert werden kann. Im Bereich ´Personal´wurde als Stärke das größtenteils sehr motivierte Personal identifiziert, wobei aber auch festgestellt wurde, dass noch mehr Nachwuchskräfte gewonnen werden sollten, die der Fachschule auch langfristig erhalten bleiben. Bei der Imagepflege und Kundenbindung gab es Kritik daran, dass die HVS den meisten nur als Berufsschule bekannt ist und weitere Angebote noch zu wenig im Bewusstsein der Bevölkerung verankert sind. Der Kontakt zu den Ausbildungsbetrieben in der Region wurde als sehr gut klassifiziert, muss aber mehr dazu genutzt werden, neue Studierende für die Fachschule zu gewinnen.

 

Die SWOT-Analyse (Strengths, Weaknesses, Opportunities, Threats) fasst schließlich die vorher gewonnenen Informationen zu Stärken und Schwächen der Unternehmung sowie zu Chancen und Risiken des Marktes zusammen.

Aus den bisher ermittelten Stärken und Schwächen sowie den Chancen und Risiken können mit Hilfe dieser Analyse Strategien für die Zukunft der Fachschule entwickelt werden.

Die Stärken gilt es dabei auszubauen, z.B. durch weitere interessante Schwerpunkte und eine  Aufstockung des Personals. Schwächen sollten vermieden werden, z.B. sollte die lange Studiendauer auf 3 bzw. 3,5 Jahre reduziert werden. Gegen Risiken sollte man sich rechtzeitig absichern, z.B. das E-Learning-Angebot erweitern und ortsansässige Firmen noch intensiver über das Angebot der Weiterbildung ihrer Mitarbeiter vor Ort informieren. So lassen sich hoffentlich neue Absolvent(inn)en gewinnen. Im Bereich der Chancen gilt es noch aufzuholen : Die Schule sollte, wie andere Fachschulen auch, mit der Einstufung des Abschlusses auf der Niveaustufe 6 (der dritthöchsten im Deutschen Referenzrahmen für lebenslanges Lernen) werben, und als wichtigster Punkt wird die Verbesserung der Marketing-Aktivitäten insgesamt empfohlen (mehr finanzielle Mittel sollten für eine bessere Verbreitung des Angebots eingesetzt werden).

 

Die Fachgruppe Marketing hat sich im gleichen Zeitpunkt mit der Durchführung einer Umfrage innerhalb der passenden Zielgruppe beschäftigt. Als Zielgruppe wurden mit Hilfe marketingtheoretischer Ansätze insgesamt 20.621 Personen ermittelt, das sind alle Erwerbstätigen zwischen 20 und 40 Jahren im Umkreis von 20 km. Die Umfrage wurde mit insgesamt 110 Personen aus dieser Gruppe per Online-Evaluation durchgeführt. Daraus ergaben sich ganz ähnliche Ergebnisse wie oben : Ein hoher Bekanntheitsgrad der Schule ist vorhanden, aber nicht in Bezug auf das untersuchte Angebot. Also müssen die Werbemaßnahmen dafür effektiver gestaltet werden. Auf der Homepage der Schule sollte der Bereich der Fachschule überarbeitet werden. Es sollte dabei vor allem auf den positiven Kostenaspekt sowie die beruflich gut verwertbaren Schwerpunktangebote Controlling, Marketing und Personalwesen

hingewiesen werden. Die Fachschule ist zwar in sozialen Netzwerken vertreten, die Posts dort sollten aber mehr und interessanter werden. Es scheint darüber hinaus auch nötig, die Gesamtdauer der Weiterbildungsmaßnahme zu verringern. (In der Fachschule für Wirtschaft an der HVS gab es hierzu bereits Planungen, die aber durch eine Vorgabe des Kultusministeriums - für gleiche Weiterbildungsmaßnahmen sollen alle Anbieter in Hessen eine einheitliche Dauer/Mindestzahl der erteilten Unterrichtsstunden vorsehen -  erschwert werden könnten.)